VW-Neuheiten bis 2018
Wie stark ist VW in Zukunft?

13 Marken unter einem Dach – ist das Masse statt Klasse? Die Absatzzahlen zeigen, wie stark der Konzern unter Vorstandschef Winterkorn geworden ist. Kein Grund zur Sorge? Das gilt nur bedingt, denn manche Autos sind zu aufwendig entwickelt und machen sich intern Konkurrenz. Nachholbedarf gibt es bei Geschäftsfeldern wie Mobilität.

 

VW Phaeton
Foto: Christian Schulte

Modellfahrplan: Alle Marken rüsten auf – auch gegen hausinterne

Mit dem neuen Passat hat VW Marken wie BMW und Mercedes ins Grübeln gebracht. So viel Auto fürs Geld? Doch dieses Wettrüsten ist nicht zu Ende: Audi A4, Skoda Superb Combi, Polo-SUV und vor allem der Phaeton folgen. Der Haken: Die Autos sind zu teuer in der Herstellung und machen sich hausintern Konkurrenz.

So sehen Sieger aus, könnte man frei nach Schlagerstar Wolfgang Petry kalauern, wenn es um den Erfolg des neuen VW Passat geht. Doch der Preis dafür ist hoch: Die Mittelklasse-Baureihe, vor der selbst die Premium-Hersteller BMW und Mercedes angesichts ihrer Qualitäten den Hut ziehen, kostet vor Kunde 20 bis 30 Prozent mehr als der Vorgänger. Kein Wunder, dass die Rendite der Marke VW unter drei Prozent liegt.

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Damit sind wir bereits bei des Pudels Kern: Im Modellprogramm des VW-Konzerns gibt es an klassischen Tugenden wie Antrieb, Fahrwerk und Qualität wenig zu mäkeln. Anders gesagt: Die Perfektion hat auch in niedrigeren Preisregionen einen so hohen Grad erreicht, dass man sich fragt, wie künftig Geld verdient werden soll. Und auch die Luxusklasse, wo andere Hersteller ordentlich Rendite machen, belastet die Bilanz eher noch. Beim aktuellen VW Phaeton soll nach Analysten-Schätzungen jedenfalls pro gebautem Auto ein Defizit von 28.000 Euro entstehen.

VW Phaeton kommt 2017 in Neuauflage

Doch obwohl die bereits 2002 gestartete Nobellimousine nur in China auf nennenswerte Stückzahlen kommt, wird es 2017 eine Neuauflage geben. Dabei tut sich schon der deutlich jüngere und leichtere Audi A8 schwer gegen die aktuelle Mercedes S-Klasse, und ein Nachfolger steht erst für Ende 2016 auf dem Programm. Immerhin verspricht eine gemeinsame Technik-Plattform für beide eine günstigere Entwicklung und Produktion.

Innen zündet das VW-Flaggschiff ein wahres Hightech-Feuerwerk rund um das Cockpit mit riesigen Bildschirmen: Gestensteuerung – etwa zum Öffnen und Schließen des Schiebedachs –, Ein- und Ausparkassistent mit selbsttätigem Vorfahren aus dem Parkhaus, Stauassistent bis 60 km/h, Autobahnassistent bis 120 km/h, ein Fahrwerk, das sich bei Tag und Nacht vorausschauend auf Unebenheiten einstellt – all diese technischen Finessen bietet der große VW, der mit dem Modellwechsel auch noch über 200 Kilogramm leichter wird.

Selbst der A8 soll ein weiteres Mal rund 80 kg abspecken, außerdem die Speerspitze des Konzerns in Sachen autonomes Fahren werden. In der zweiten Hälfte seines Lebenszyklus dürfte er unter Aufsicht des Fahrers weite Teile der Strecke ohne Lenkeingriffe zurücklegen. Wie weit Audi bei der technischen Entwicklung ist, wird sich im Rahmen der CES in Shanghai zeigen: Ein A7 soll dort im dichten, unübersichtlichen Verkehr völlig autonom seines Weges ziehen.

VW erweitert Tiguan-Palette, Audi zieht mit neuen Q-Modellen nach

Stolz ist man im Konzern zu Recht auf seine Technik-Baukästen, die Kosten sparen und viele Modellvarianten ermöglichen. Dass für Audi A8 und VW Phaeton eine andere Basis verwendet wird als für Porsche Panamera und Bentley Continental GT, zeigt jedoch, dass es auch in nüchternen, ingenieursgetriebenen Häusern menscheln kann – und zwar kräftig. Denn die SUV-Plattform von Audi konnte Porsche gerade noch akzeptieren, nicht aber eine fremde für die eigene Sportlimousine – zumindest vorläufig.

So startet der Nachfolger des Panamera Ende 2016 als Abkömmling des sogenannten Standardantrieb-Baukastens – mit kaum veränderten Abmessungen, rund 100 Kilo weniger Gewicht und einem neuen, knopfarmen Bedienkonzept. Zudem folgt auf die etwas schlankere Limousine erstmals ein kürzeres Viersitzer-Coupé.

Volle Kraft voraus lautet die Devise des Konzerns bei den SUV: Die Q-Herde von Audi wird von Jahr zu Jahr größer und umfasst künftig sogar ein SUV-Coupé mit reinem E-Antrieb. VW macht aus dem Tiguan eine ganze Familie, legt auf Basis des Golf einen weiteren SUV auf, der bereits in Form der Studie T-Roc gezeigt wurde, und schiebt im Vier-Meter-Segment noch einen geländetauglichen Polo hinterher. Mit dem erstmals auch für den Kleinwagen angebotenen Allradantrieb will VW neue Käufer in Österreich und der Schweiz erobern.

Zurück zum Passat-Segment: Der Klassenprimus hat hohe Standards gesetzt, die der nächste A4 (Debüt auf der IAA) nur schwer übertreffen dürfte. Immerhin nimmt die neue Audi-Mittelklasse für sich in Anspruch, mit dem neuen Zweiliter-TFSI besonders sparsam und mit dem umfangreichen Elektronik-Equipment in Sachen Assistenzsysteme und Konnektivität Benchmark in diesem Segment zu sein.

Selbst wer mehr Wert auf möglichst günstige Preise und ein riesiges Raumangebot legt, wird in dieser Klasse beim Konzern fündig – bei Skoda. Denn schon kurz nach der Limousine startet die dritte Superb-Generation zur IAA auch als Combi. Wer den Dreikampf in der Mittelklasse gewinnt? Lesen Sie weiter auto motor und sport – der erste Vergleichstest gibt die Antwort.

Positiv: So breit war der Konzern noch nie aufgestellt. Modulare Längs- und Querbaukästen technisch auf höchstem Niveau

Negativ: Eher wenig Veränderungen im Design, schwierige Preis-Leistungs-Strategie zwischen VW, Seat und Skoda, riskante SUV-Offensive

Connectivity: Kräftig aufgeholt

Von der günstigen Handy-Anbindung im Skoda Fabia bis zum digitalen Luxus bei Audi beherrscht der Konzern eine beachtliche Connectivity-Bandbreite.

Lange Jahre herrschte bei VW die große Multimedia-Langeweile: Das ewige RNS 510 verströmte zu gepfefferten Preisen den Charme eines Bankautomaten und ist bis heute nicht ganz totzukriegen – etwa im Scirocco. Mit der Einführung der aktuellen Infotainment-Generation hat VW das Entwicklungstempo jedoch deutlich erhöht. So begeistern die Navis inzwischen nicht nur mit ausgeklügelter Bedienung, sie beherrschen auch die wichtigsten Online- Funktionen vom Live-Staumelder bis hin zu praktischen Google-Diensten.

Als unerwarteter Glücksfall hat sich für VW die Entscheidung für den Touchscreen erwiesen. Waren Berührbildschirme einst Erkennungszeichen preiswerter Fahrzeuge, bröckelt inzwischen die Dreh-Drück-Front, wie der neue BMW Siebener, aber auch die Audi-Studie Prologue zeigen.

Audi mit bester Vernetzung

Überhaupt kommt Audi eine Connectivity-Schlüsselrolle zu. Den Mut von Tesla, per Web-Update über Nacht mal eben neue Fahrerassistenz-Funktionen ins Auto zu laden, bringt von den großen Herstellern derzeit zwar niemand auf. Vom virtuellen Cockpit samt volldigitaler Anzeige im TT über Navigationskarten, die ihre Daten per Online-Verbindung automatisch aktualisieren, bis zu Handy-Apps zur Fahrzeugsteuerung liefert sich Audi jedoch mit BMW ein Rennen um die Infotainment-Krone.

Aber auch VW gibt weiter Gas, wie eine Cockpit-Studie der CES zeigte: Hier haben die Entwickler dem Golf einen riesigen Monitor samt Gestensteuerung spendiert. Die Gestensteuerung kommt zwar erst 2017, die aktuelle Gerätegeneration, die bald Apps fast aller Handys (via Mirrorlink, Apple Carplay und Android Auto) auf den Bordmonitor spiegelt, dafür schon zur Jahresmitte.

Das Smartphone ist inzwischen zum ernsthaften Konkurrenten etablierter Hardware geworden. Vor allem Kleinwagenkäufer verzichten längst auf die Navi ab Werk und verlangen nach günstigen Schnittstellen, die eine legale Nutzung der Handy- Lotsen im Auto erlauben – so etwas bietet VW etwa im Polo und dessen Konzernbruder Skoda Fabia an. Allerdings bedarf es meist eines teuren Bildschirm-Radios.

Positiv: Logisch und ablenkungsarm bedienbare Geräte, viele Online-Funktionen für Reise und Unterhaltung, teils sehr gute Soundsysteme

Negativ: In manchen Baureihen veraltete Hardware, zum Teil sehr hohe Preise, Smartphone-Schnittstellen an teure Radios gekoppelt

Personal: Hierarchisch geprägte Struktur

Bei VW war die Führung bisher stark auf Winterkorn und Piëch fokussiert, die bis auf die Modellebene alles unter Kontrolle hatten. In anderen Firmen, etwa bei BMW, wird Verantwortung breiter verteilt. Auch bei Daimler haben Baureihenverantwortliche Befugnisse, die bei VW alleine dem Chefentwickler vorbehalten sind. Jetzt sollen die Aufsichtsräte Winterkorn den Auftrag gegeben haben, eine neue Konzernstruktur zu entwickeln. So könnten etwa die Marken Audi, Bentley, Porsche und Lamborghini zu einer stärker unabhängigen Gruppe zusammengefasst werden. Gleiches gilt für die Volumenmarken VW, Seat und Skoda. Der Chef selber solle sich weniger um einzelne Modelle und mehr um die Gesamtstrategie kümmern.

Matthias Müller oder Rupert Stadler als Winterkorn-Nachfolger

Wenn man Winterkorn etwas vorwerfen will, dann dass er die Suche nach einem Nachfolger spät angegangen ist. Wobei sich die Frage stellt, ob das seine Aufgabe oder vielmehr die des Aufsichtsrats ist. Der würde mit einer Vertragsverlängerung Winterkorns über 2016 hinaus Zeit gewinnen.

Welche Optionen gibt es im Konzern? Da sind zum einen die Neueinsteiger Herbert Diess, bislang Entwicklungschef von BMW und ab Juli neuer VW-Markenchef, und Andreas Renschler, von Daimler zu VW gewechselter Lkw-Chef. Weitere Kandidaten bleiben der erfolgreiche Porsche-Boss und ehemalige VW-Produktplaner Matthias Müller und Audi-Chef Rupert Stadler. Letztere würden vor allem gut passen, wenn der VW-Konzern mit seinen vielen Marken eine Holding-artige Struktur bekommt, in der ein Vorstandsvorsitzender primär strategisch-ökonomische Fähigkeiten braucht.

Positiv: Mit Winterkorn hat VW einen erfahrenen, erfolgreichen Chef. Intern gibt es mehrere kompetente potenzielle Nachfolger

Negativ: Die bisherige Fokussierung auf eine starke Führungspersönlichkeit macht es schwer, einen ebenso starken Nachfolger zu finden

Absatz: Winterkorn sorgt für großes Wachstum

In der Amtszeit des Konzernchefs stieg die Zahl der verkauften Autos von sechs auf zehn Millionen pro Jahr. Sorgenkinder: Nord- und Südamerika.

Auf der Habenseite kann VW-Chef Winterkorn vor allem große Erfolge in China verbuchen. Allein die Marke VW legte in seiner Amtszeit von gut 800.000 auf in diesem Jahr voraussichtlich fast drei Millionen verkaufte Autos zu.

VW hinkt auf US-Markt hinterher

Federn lassen muss der Konzern in Südamerika, wo er das Aufkommen der asiatischen Konkurrenz in den vergangenen Jahren nicht mit frischen Modellen gekontert hat. Am wieder erstarkten US-Markt tut sich die Marke VW schwer. Der anfangs erfolgreiche US-Passat hätte schneller erneuert werden müssen. Günstige SUV fehlen.

Positiv: Insgesamt sieht die Bilanz der Amtszeit von Martin Winterkorn sehr positiv aus. In allen wichtigen Märkten verkauft der VW-Konzern heute deutlich mehr Autos als 2007. In vielen Ländern stieg der Marktanteil

Negativ: In Nord- und Südamerika wurden Trends verschlafen und die Entwicklung der Konkurrenz nicht richtig eingeschätzt. Der VW-Konzern ist stark von Europa und China abhängig

Technologie: Bei den Standards vorne

Noch kommen Autos nicht ohne Fahrwerke, Verbrennungsmotoren und Getriebe aus – und darin liegt eine der größten Stärken des Konzerns.

Übrig blieb nur das Zucken des Drehzahlmessers. Und die veränderte Tonlage. Kein Schaltruck, keine Zugkraftunterbrechung – mit der Einführung des Doppelkupplungsgetriebes 2002 machte Volkswagen zum zweiten Mal klar, mit welchem Ehrgeiz die Umsetzung neuer Technologien betrieben wird. Der erste Meilenstein dürfte der TDI-Motor 1989 gewesen sein, dessen jüngste Evolutionsstufe mit elektrischem Lader nochmals an Effizienz zulegt, wie der RS 5 TDI Concept beweist. Und der Allradantrieb Quattro? Klar, der kam schon 1980, half vor allem dem Image der Marke Audi immens. Für den gesamten Konzern spielen jedoch DSG und TDI die bedeutendere Rolle – und TSI. Die kleinvolumigen, aufgeladenen Triebwerke schafften es, dass dem Benziner der Anschluss zum als Verbrauchs- und Fahrspaßwunder hochgejubelten Diesel gelang.

Audi A4 mit neuem TFSI-Aggregat

Mit dem nächsten Audi A4 feiert ein Vierzylinder- Aggregat mit einem neuen Brennverfahren Premiere, das dem sogenannten Miller-Zyklus ähnelt. Es verfügt also über stark verkürzte Ansaugzeiten (140 statt 200 Grad Kurbelwinkel), aber dafür höheren Ladedruck. Bei Volllast jedoch arbeitet der Motor mit 170 Grad Kurbelwinkel. Zudem schließt das Einlassventil deutlich vor dem unteren Totpunkt, wodurch der Mitteldruck sinkt und sich die Verdichtung erhöht. Überdies erfolgt im Teillastbereich eine zusätzliche Einspritzung. Das Resultat: 190 PS, 320 Nm bei 1.450/min, weniger als 5,0 l/100 km – sagt Audi. Übrigens: Das Triebwerk verfügt über zwei Liter Hubraum. Die aufgeladenen 1,4-Liter-Motoren mit hoher Leistung erwiesen sich als anfällig. Zudem sorgte die DSG-Variante DQ200 für eine große Rückrufaktion – die Kehrseite der Medaille. Durch die Kombination mit den ausgewogen konstruierten Fahrwerken und der großen Auswahl an Assistenzsystemen stellen so dennoch viele Modelle des Konzerns ein überzeugendes Paket dar.

Positiv: Neue Technologien wie DSG, TSI und TDI wurden früh eingesetzt und konsequent ausgerollt; ausgewogene Fahrwerksabstimmungen

Negativ: Defektanfälligkeit wie beispielsweise bei den Benzinern mit Turbo- und Kompressoraufladung und einzelnen DSG-Typen

Mobilitätsgeschäft: Da geht eindeutig mehr

Carsharing ist nicht das Ding des VW-Konzerns. An den Gedanken des Teilens muss man sich erst gewöhnen. BMW und Mercedes sind da weiter.

Wenn man sich unter web.quicar.de informiert, wie das Carsharing- Angebot von VW funktioniert, dann kommt man um einen Schmunzler nicht herum: Während BMW mit Drive Now in vielen deutschen Metropolen und in San Francisco/USA operiert, ist Mercedes mit Car2go in 30 internationalen Metropolen vertreten und erreicht über eine Million registrierte Nutzer. Quicar von VW gibt es dagegen nur in Hannover. Dafür reicht die Modellpalette vom Up über Golf und Caddy, Passat und Sharan bis hin zum neunsitzigen T5, der auch locker Umzüge stemmt. Das bieten die anderen so nicht. Außerdem hat sich die Volkswagen Financial Services AG eine Beteiligung beim niederländischen Marktführer Greenwheels erkauft, um von deren Know-how auf diesem wachsenden Sektor zu profitieren und das Angebot so gezielt auszubauen.

Audi testet Carsharing-Konzept Audi Unite

Auch die Premium-Tochter Audi hat sich mit dem Gedanken an Carsharing zunächst sehr schwergetan – und geht ganz andere Wege als Mercedes und BMW. Unter dem Stichwort Audi Unite testet die Marke in der schwedischen Hauptstadt Stockholm ein Carsharing-Konzept, bei dem sich fünf Personen ein Auto für wahlweise ein oder zwei Jahre teilen. Zur Wahl stehen Modelle vom A1 bis hin zum Sportcoupé R8, wobei die Sharer per App sehen können, wo das Auto steht und wie viel Benzin noch im Tank ist. Die monatlichen Kosten belaufen sich pro Person auf 160 bis 970 Euro. Bei Audi select kann man sich aus einem Pool junger Gebrauchtwagen ein (für sechs Monate), zwei (für ein Jahr) oder auch drei Fahrzeuge (für ein Jahr) aussuchen. Wer sich zum Beispiel für einen S3 Sportback entscheidet, zahlt in dem halben Jahr 988 Euro pro Monat. Ein drittes Standbein entsteht in San Francisco, wo RS- und R8-Modelle für ein bis zwei Tage inklusive Concierge-Service gemietet werden können.

Positiv: Bei VW breite Angebotspalette an Modellen, bei Audi neue Gedankenansätze für Carsharing-Angebote

Negativ: Viel zu wenige Regionen, wenige Stationen, keine internationale Erfahrung. Die Konkurrenz hat hier eindeutig die Nase vorn

Fazit

Der VW-Konzern macht das meiste richtig – doch Schwächen bleiben. Die klassischen Tugenden wie Fahrwerk und Motoren werden auf Top-Niveau beherrscht. Dazu kommt eine von der Konkurrenz bewunderte Innenraum- Qualitätsanmutung, an die derzeit nur Mercedes heranreicht. Audi ist hier der Primus, aber auch VW hat einen Status quo erreicht, der weit über dem liegt, was andere Volumenmarken bieten.

Dabei zeigt sich jedoch ein großes Problemfeld. Die Schwestermarken Seat und Skoda sind technologisch wie bei der Qualitätsanmutung zum Teil so nah an VW herangerückt, dass die interne Konkurrenz es den Händlern schwer macht, das höhere Preisniveau der VW-Modelle gegenüber den Kunden zu rechtfertigen. Dazu kommt, dass die Modellwechsel, etwa in der Kompaktklasse, nahezu zeitgleich passiert sind, damit die Skaleneffekte durch den modularen Baukasten schnell zum Tragen kommen. Auf der einen Seite strategisch verständlich, aber modellzyklisch nicht glücklich.

VW-Konzern sträubt sich gegen Carsharing-Projekte

In Sachen Multimedia und Connectivity hat sich der Konzern in den vergangenen Jahren massiv nach vorne bewegt und die Lücke zu den Besten geschlossen. Schwer tut man sich in Wolfsburg dagegen mit den neuen Geschäftsfeldern wie Mobilitätsdienste und Carsharing.

Was ist mit den Kritikpunkten, die Ex-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch angebracht hat? Dramatische Fehler beim E-Auto kann man VW nicht vorwerfen, allerdings haben Konkurrenten wie Tesla oder BMW der Öffentlichkeit das Thema besser verkauft. Die i-Modelle aus München sind ein großer Image-Erfolg, aber noch kein Renditebringer. Auch Tesla verdient bislang kein Geld. Fehler bei der Produktplanung kann man Winterkorn nur in Nord- und Südamerika vorwerfen. In den USA ist nach dem Erfolg des US-Passat nicht nachgelegt worden.

Es fehlen preisgünstige SUV. In Südamerika hat der Konzern mit alten Modellen jahrelang hohe Renditen eingefahren, aber auch dort drängt jetzt die asiatische Konkurrenz mit neuen Autos, auf die VW bislang eine Antwort schuldig geblieben ist. In der Tat fällt es dem Konzern schwer, sich gegen Billiganbieter – etwa auch auf dem wichtigen chinesischen Markt – aufzustellen. Nachdem die Zusammenarbeit mit Suzuki, die zum Beispiel in Indien erfolgreich sind, gescheitert ist, steht nun eine Kooperation mit dem chinesischen Autobauer Great Wall auf der Agenda. Alle diese Probleme können dem deutschen Kunden aber egal sein. Für ihn hat der VW-Konzern in den kommenden Jahren etliche interessante Eisen im Feuer – und das in allen Preisklassen.

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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

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